Wo und Wie statt Warum nicht
23. Mai 2011 von KerstinWer hat sich nicht schon mal gefragt, warum man nicht selbst auf die eine oder andere tolle Idee gekommen ist. Ich kenne nicht Wenige, die sich damit geradezu quälen können.
Seit Beginn der Inspiration Lounge sprechen wir mit Menschen über ihre Ideen und Vorgehensweisen bei der Realisierung. Mir ist dabei immer deutlicher geworden, dass Ideen einerseits tatsächlich in der Luft liegen, andererseits aber immer einen gewissen Blick auf ein Thema, eine eingehende Beschäftigung damit verlangen, um sich ins Bewusstsein vorzuarbeiten oder sogar aufzudrängen. Immer wieder finde ich es einen spannenden Vorgang, wenn sich aus der Erzählung einer unserer Interviewpartner mehr und mehr ein Bild davon zeichnet, warum, aufgrund welchen Umfelds und welcher Tätigkeiten bestimmte Ideen entstanden sind. Es sind persönliche Geschichten und Erlebnisse, die Thomas Fuhlrott zum Olivenöl, die Yung Chin zum Bogenbau oder Robert Schrem zu fluegel.tv brachten.
Manchmal wird einem auch ganz ohne Kenntnisse über eine Vorgeschichte offensichtlich, wie Ideen und ihre Realisierungen entstehen. Als ich neulich an einem nordholländischen Strand unterwegs war, traf ich auf ein paar Jungendliche, die mit voller Konzentration versuchten, das wirklich sehr kalte Wasser zu ignorieren, um beim Baden völlig locker zu wirken. Mir fiel dabei sofort die Fotografin Rineke Dijkstra ein, die ebenfalls am Meer auf die Idee ihrer bekannten Strandportraits gekommen war.
Wie immer Ideen auch entstehen, es ist manchmal ein Trost, sich sagen zu können, dass man Dinge nicht entwickeln konnte, weil einem der persönliche Bezug, die Auseinandersetzung mit einem bestimmten Sujet oder einer räumlichen Umgebung einfach fehlt. Der Gedanke, dass jede Idee aus ihrer Umgebung, ihren verbundenen Themen und Fragestellungen heraus in der jeweiligen Situation die Person braucht, die den Blick hat, zur Tat schreiten kann und schreitet, ist mir sympathisch. Er legt nah, sich mit Augenmerk auf das eigene Umfeld und die eigenen Themen zu fragen, an welchen Stellen man selbst zum Realisierer werden kann, statt sich über nicht gehabte Ideen zu grämen.